Zwischen der Stammzellentransplantation und heute liegen genau tausend Tage. Eine unfassbare Zahl. Tausend Tage. So weit weg und doch manchmal wieder ganz nah.
So weit weg. Zurzeit sehe ich das Spital nur noch selten von innen. Für Routineuntersuchungen oder wenn ich mir beim Snowboarden das Handgelenk breche. Aber die Krankheit bestimmt nicht mehr meinen Alltag. Arbeiten, reisen, feiern, Sport machen, geniessen, leben. Alles ist wieder wie früher möglich. Klar, gibt es Situationen, in denen ich körperlich oder emotional an meine Grenzen komme. Aber ich kann mittlerweile sehr gut damit umgehen und einfach auch mal NEIN oder STOPP sagen, wenn mir etwas zu viel wird. Ich bin wieder voll und ganz in meinem Leben zurück. Mit allem drum und dran. Und doch manchmal wieder ganz nah. Es gibt sie, diese Momente, wenn plötzlich wieder alles da ist. Die Angst, dass alles wieder von vorne losgehen könnte. Manchmal ist es nur eine leichte Erkältung, welche das Gedankenkarussell in Schwung bringt. Was, wenn das Halsweh, der Schnupfen nicht mehr weggeht. Wenn mein Immunsystem nicht mehr dagegen ankämpfen kann, weil es wieder krebszerfressen ist? Solche Momente ploppen immer wieder auf, manchmal nur kurz und manchmal für Wochen. Bis letzten April musste ich regelmässig Knochenmarkspunktionen über mich ergehen lassen um sicher zu gehen, dass die Leukämie wirklich weg ist. Zuerst alle drei Monate, dann halbjährlich. Bis die Untersuchungsresultate jeweils da waren, vergingen Wochen. Wochen, in denen ich fast wahnsinnig wurde. Am extremsten war es im Sommer 2018. Da reiste ich mit Fabian einen Monat durch die Baltischen Staaten. Eines Abends sassen wir in einem Restaurant am Meer, die Sonne ging gerade unter, alles schien perfekt. Bis ich plötzlich an meinem Hals einen geschwollenen Lymphknoten ertastete. Mein Herz raste und das Kopfkino auch. Ist das ein Rückfall? Habe ich wieder Krebs? Die restlichen Wochen dieser Reise musste ich immer wieder an dieses Etwas in meinem Hals denken. Zu Hause wurde der Lymphknoten dann rausoperiert, um ihn auf Krebszellen zu untersuchen. Ich war wochenlang wie auf Nadeln. Draussen ein wunderschöner Sommer, in mir ein tosender Sturm. Und dann: Alles gut! Kein Krebs. Nur eine Überreaktion meines Körpers. Kann vorkommen. Aber für mich ein unglaubliches Gefühl. Jedes Mal aufs Neue. Ich bin immer noch gesund. Ich lebe! Ich lebe. Wie früher und doch anders. Bewusster. Aber nicht immer. Manchmal will ich auch nicht nur bewusst leben. Bewusst leben ist auch anstrengend, immer dieser Zwang jeden Moment geniessen zu müssen. Immer diese Frage, ob ich jetzt alles richtig mache. Mache ich nämlich nicht, ich lasse mich oft einfach treiben, denke nicht nach, fahre aus der Haut, übertreibe, bin unzufrieden, laut, traurig, kindisch, aufgedreht und sehr oft sehr unvernünftig. Aber es ist gut so. Denn das - das ist mein Leben! Und für dieses bin ich unendlich dankbar. In erster Linie dieser jungen Frau, welche mir Stammzellen geschenkt hat. Einfach so. Ich bin aber auch dankbar für alle anderen Menschen, Dinge, Orte um mich, welche mein Leben lebenswert machen. Und dessen bin ich mir in jeder Sekunde meines neuen Lebens absolut bewusst! Auf die nächsten 1000 Tage!
2 Comments
Simone
30/1/2020 16:37:34
Ich bewundere dich sehr! Geniesse dein Leben, du machst das hervorragend🍀 Weiterhin alles alles Gute für dich und deine Liebsten
Reply
Rosie
2/2/2020 13:36:49
Danke liebe Simone!
Reply
Leave a Reply. |
AutorRosie. 30 Jahre. Mitten im Leben. Diagnose: Leukämie. Archives
January 2020
Kategorien |