Ich habe keine Leukämie mehr. Schon seit Oktober wurden in meinem Knochenmark keine bösartigen Zellen mehr gefunden. Ich bin in Remission, wie das im Fachchinesischen heisst. Eigentlich müsste ich mich freuen, vor allem wenn man bedenkt, dass ich auch nur noch drei kleine Chemo-Sessions vor mir habe, danach geht die Erhaltungstherapie mit Tabletten los. Hallo Alltag, ich komme! Ganz so euphorisch bin ich aber irgendwie nicht, die Angst sitzt mir im Nacken. Die Angst vor einem Rezidiv, die Angst vor einem Rückfall. Ich kann manchmal gar nicht glauben, dass ich das Ganze überstanden habe. Was wenn die Leukämie wiederkommt? Was wenn nochmals alles von vorne losgeht?
Bei der letzten Knochenmarkpunktion kam zwar raus, dass eben keine Leukämiezellen an sich gefunden wurden, aaaaaaber - und jetzt kommt ein ganz geiler Satz, welcher so in meinem Krankenbericht steht: "Histologisch und immunhistochemisch zeigt sich eine geringe T-Zellinfiltration, welche zum Teil CD99 und CD10 exprimiert (geschätzt unter 1% der hämatologischen Zellen), DD: minimale Knochenmarksinfiltration durch die bekannte T-ALL." Zuerst denkt man da: Häää? Dank Dr. Google weiss ich jetzt aber auch, was der Satz in etwa bedeutet: Da sind Vorläuferzellen entdeckt worden, welche sich zu bösen T-Zellen (die weissen Blutkörperchen, welche bei mir entartet waren) entwickeln könnten. Könnten! Auch die Ärzte haben gesagt, dass müsse überhaupt nichts heissen und sowieso hätte ich in der Zwischenzeit ja die aggressive Chemo gehabt. Das bedeutet nur Gutes - eigentlich, aber eben manchmal beim Einschlafen denk ich mir dann doch: Was wäre wenn? Ich habe mir deshalb heute ein Kupferarmreif gekauft. Kupfer soll sich heilend auf das Blut auswirken und das Immunsystem stärken. Ja ich weiss, dass tönt für einige jetzt nach Hokuspokus, aber wie sagt man so schön: "Nözts nüz, schadts nüz!" Und irgendwie muss ich die nächsten fünf Jahre damit leben, dass die Leukämie zurückkommen könnte, denn so lange dauert es, bis ich als vollständig geheilt gelte. Fünf Jahre sind eine lange Zeit und wahrscheinlich habe ich den Rest meines Lebens Angst vor blauen Flecken und Fieber, aber durch dieses kleine Angstteufelchen im Hinterkopf wird man wenigstens daran erinnert, verdammt nochmal das Leben in vollen Zügen zu geniessen!
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Ein schöner Sommertag im August. Heute vor einem halben Jahr. Es war Freitag, ich war müde von der Frühschicht - und mir war extrem schwindelig. Deshalb ging ich in's Spital. Und Stunden später die Diagnose: "Sie haben akute, lymphatische Leukämie!" Bäm. Und jetzt sechs Monate später? Bin ich ein anderer Mensch. Ein Mensch, der einiges durchgemacht hat. Ein Mensch, der viel Schlimmes über sich ergehen lassen musste. Aber wie schon Kelly Clarkson prophezeit hat: What doesn't kill you, makes you stronger! Ich habe meinen Frieden mit der Krankheit geschlossen. Wir leben jetzt zusammen. Und leben ist so schön.
Was ich heute auch ein bisschen feiern kann: Ich bin ebenfalls seit einem halben Jahr Nichtraucherin! Die letzte Zigi habe ich nämlich an besagtem Freitag an der Bushaltestelle vor dem Kantonsspital geraucht, danach habe ich nie mehr eine angefasst. Irgendwie habe ich auch überhaupt keine Lust mehr darauf. Und das überrascht mich echt, sogar Alkohol oder Essen verleitet mich nicht mehr dazu. Ich bin wirklich froh, habe ich das in meinem Leben noch geschafft. Obwohl ich früher sehr gerne geraucht habe, bin ich jetzt sogar ein bisschen zum Raucher-Nazi geworden :-). Immer wenn ich jemanden mit einer Zigi sehe, denke ich: Wie kann man nur? Und allen erzähle ich wie toll es ist, wenn man nicht raucht, wie viel Geld man spart und sowieso wie super gesund es ist. Früher hätte ich mich selber wohl recht doof gefunden, aber mein Leben riskier ich für eine sinnlose Sucht einfach nicht mehr. Für das ist es mir viel zu wertvoll! Zurzeit habe ich in meinem Leben genau zwei Grundbedürfnisse: viel schlafen und viel essen! Ich fühle mich deshalb schon fast ein bisschen wie eine Katze, auch weil die Haare wieder vermehrt ausgehen :-) - Winterfell ablegen und so, miau! Jedenfalls bin jetzt bei Tag 19 des aktuellen Chemo-Abschnitts, das heisst, mir wurde schon wieder ordentlich Zeugs reingepumpt und um all das zu verarbeiten, braucht mein Körper extrem viel Energie. Deshalb habe ich entweder Hunger oder bin müde. Da gibt's auch irgendwie kein Rauskommen mehr. Meistens hilft bei mir gegen die Chemo-Müdigkeit ja Bewegung, aber letzte Woche habe ich im Fitness gerade mal eine Viertelstunde durchgehalten, danach war ich fix und fertig. Also muss ich es wohl akzeptieren, dass mein Körper die Ruhe und den Schlaf einfach auch braucht. Mich zu überfordern wäre jetzt genau das Falsche. Ja und wenn ich dann mal nicht schlafe oder mich mit Netflix (meine neue Religion) beschäftige, dann esse ich viel. Auch das ist ein wichtiger Energie-Lieferant. Ich lasse es mir wirklich ordentlich schmecken, mehrmals am Tag mit deftigen Bauarbeiter-Portionen. Und weil ich ja die Therapie ambulant mache, kann ich entscheiden, was und wann und wie viel ich essen will. Ich geniesse es also auch ein bisschen, obwohl ich es schon beängstigend finde, dass ich trotz allem wieder an Gewicht verliere. Darum: Was mein Körper gerade leistet ist unglaublich und ich bin unglaublich dankbar, dass er das alles ohne grössere Komplikationen mitmacht! Hier eine meiner kleinen Zwischenmahlzeiten: Kichererbsensuppe mit Gemüse und Biowienerli...fein! Das daneben ist übrigens KEIN Bier, leider, sondern nur Rivella im Bier-Glas für's Feeling :-), Alkohol wäre im Moment auch recht kontraproduktiv. Wow. Einfach nur wow! Ihr habt mich echt baff gemacht - und das kommt nicht oft vor :-).
Aber der Reihe nach: Am Donnerstag war Weltkrebstag und da hat meine Kollegin vom Online-Portal FM1today einen Bericht über mich geschrieben (kann man hier nachlesen). Schon auf diesen Artikel habe ich unzählige, wunderbare Reaktionen bekommen. Aber das war noch nicht alles. Gestern Freitag hatte ich dann meine erste Sendung seit der Diagnose bei Radio FM1. Ich war unglaublich nervös, habe fast nicht geschlafen und mich immer wieder gefragt: Wird alles so sein wie früher? Kann ich das immer noch? Als ich dann um 12 Uhr auf Sendung ging, war das wohl einer der schönsten Momente in meinem Leben. Endlich wieder im Studio. Endlich wieder Mikrophon auf und meine eigene Stimme auf den Kopfhörern. Endlich wieder meine Leidenschaft leben. Unglaublich. Unbeschreiblich. In diesem Moment wusste ich, es hat sich gelohnt zu kämpfen und ja, genau hier hin gehöre ich. Hier ist mein Platz! Mein Kollege Felix hat die erste Moderation gefilmt und diesen emotionalen Moment für mich festgehalten. Das Video findet ihr hier! Und das Schönste: Eure Reaktionen darauf. Ich bin wirklich tief berührt ob all den Nachrichten und Kommentaren, die ich in den letzten paar Stunden erhalten habe. DANKE. DANKE. DANKE. Obwohl ich gestern wieder "on air" war, heisst das leider noch nicht, dass jetzt alles durchgestanden ist. Zurzeit sitze ich mal wieder im Spital und die Chemo läuft. Aber dank euch geht es mir dabei richtig gut und ich weiss, ich mache alles richtig. Ein tolles Gefühl. Morgen Sonntag darf ich dann nochmals arbeiten, danach erst im März wieder. Und bis ich so richtig zurück im "daily business" bin, wird es wohl April werden. Das ist der Master-Plan. Aber eben, mein Immunsystem ist im Moment quasi nicht vorhanden und daher kann ein Infekt plötzlich alles wieder ändern. Aber auch auf das bin ich vorbereitet! Hauptsache ich lebe! Und zum Schluss noch dieses Zückerchen: Vor Kurzem wurde mein Knochenmark mal wieder untersucht. Diese Woche bekam ich die Resultate: KEINE LEUKÄMIE GEFUNDEN. YEAH! |
AutorRosie. 30 Jahre. Mitten im Leben. Diagnose: Leukämie. Archives
January 2020
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