Manchmal muss man seinem Körper "danke" sagen. Zum Beispiel meiner Leber, nach vier Tagen Festival. Oder meiner Lunge, dass sie meine über zehnjährige Raucherkarriere unbeschadet überstanden hat. Oder meinen Ohren, dass sie trotz täglichem Kopfhörergebrauch immer noch 100% funktionieren. Und in dieser Woche bin ich meinen beiden Nieren besonders dankbar. Denn was sie durchmachen müssen, ist nicht ohne. Ich bekam am Mittwoch zum dritten (und letzten) Mal wohl die unbeliebteste Chemo der ganzen Therapie: Methotrexat (kurz MTX). Eine giftig-gelbe, hochdosierte Flüssigkeit in einem prall-gefüllten Sack, welche innerhalb 24 Stunden in meinen Körper läuft und möglichst schnell wieder ausgeschieden werden muss. Denn die grösste Gefahr beim MTX ist, dass sich das Medikament in den Nieren kristallisiert und sie so für immer schädigt. Deshalb muss ich jetzt vor allem viel, ganz viel trinken und jedes Mal beim "Brünzeln" den pH-Wert im Urin messen. Ist der Wert zu tief, muss ich sofort ein Medikament nehmen, denn der Urin darf auf keinen Fall säuerlich werden. Ein ziemlicher Aufwand. Normalerweise müsste man das ganze Prozedere im Spital abhandeln, aber ich bin mal wieder an dem Punkt, an welchem jede Stunde im Krankenbett eine zu viel ist und deshalb habe ich es geschafft, dass ich seit gestern auch zu Hause meinen Urin messen darf. Voilà. Ich bin richtig froh darüber und nicht nur mein Urin wird nicht sauer, sondern auch ich nicht! Kein Schwangerschaftstest, sondern mein Begleiter um den pH-Wert des Urins zu messen.
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So, mittlerweile weiss ich, wieso meine Kondition so schlecht ist: Die roten Blutkörperchen sind schuld!
Eine Chemo soll ja die weissen Blutkörperchen (Immunabwehr) zerstören, sie sind schliesslich auch von der lymphatischen Leukämie betroffen. Leider zerstört die Therapie aber auch die roten Blutkörperchen und die Blutplättchen mit. Und diese Werte sind wegen der Chemo letzte Woche, bei mir nun so richtig schön in den Keller gesunken. Die roten Blutkörperchen sind für den Sauerstofftransport im Blut zuständig, deshalb leidet bei einem schlechten Wert auch meine Kondition, weil zu wenig Sauerstoff in den Muskeln ankommt. Auch habe ich den Sauerstoffmangel dieses Mal mit fiesen Kopfschmerzen gespürt. Mein Hirni war also in den letzten Tagen ein bisschen unterversorgt :-). Ebenfalls sind auch meine Blutplättchen bedrohlich tief gesunken. Heute Morgen musste ich nach der Frühschicht zur Blutbildkontrolle in's Spital und da hatte ich nur noch einen Wert von 5 (der Normalwert liegt zwischen 150 und 300). Spüren tut man diesen Blutplättchenmangel eigentlich nicht, aber er ist unheimlich gefährlich. Da die Plättchen für die Blutgerinnung bei Verletzungen wichtig sind, können schlimme innere und äussere Blutungen entstehen. Ich habe zum Beispiel an meinen Beinen lauter rote Punkte und blaue Flecken. Natürlich habe ich heute im Spital dann sofort eine Bluttplättchen-Transfusion bekommen, leider ist der Wert aber nur auf 8 angestiegen und so ist bis morgen für mich absolute Ruhe angesagt. Ich werde mir mein Essen heute Abend wohl nicht mit dem grossen Messer zubereiten :-).... Zusätzlich habe ich heute auch noch einen Beutel Blut bekommen, damit sich ferner die roten Blutkörperchen langsam wieder erholen können. Also an alle unter euch, welche Blut oder Blutplättchen spenden: DANKE! Ich bin auf diese Spenden echt angewiesen und sie retten mir unter Umständen mein Leben. Ich hoffe aber auch, dass mein Knochenmark sich bald erholt und selber wieder in Blut-Produktion geht. Der März ist ein toller Monat. Es wird wieder wärmer, die Frühlingsgefühle flammen auf und sowieso ist da ganz viel Licht am Ende des Tunnels in Sicht. Ich habe diesen Monat die letzten drei Chemo-Sessions, welche ich per Infusion erhalte. Die Erste habe ich diese Woche schon überstanden, fast unbeschadet, in Anbetracht dessen, was sie mir da wieder reingejasst haben. Es geht also stetig aufwärts und ich freue mich, dass ich nur noch ein oder zwei Mal für mehrere Tage in's Spital muss. Und sowieso bin ich absolut bereit für den Alltag. Nur mein Körper hinkt noch ein bisschen hinterher. Von meiner Fitness und Kondition, welche ich Anfang Jahr noch hatte, ist nach der derben Chemo-Phase im Februar leider nicht mehr viel übrig. Ich mag nur wenig körperliche Leistung bringen und werde wieder schnell müde.
Aber die Zeit läuft, in zwei Monaten ist der Auffahrtslauf. Mein grosses sportliches Ziel in diesem Jahr. 10 Kilometer will ich da schaffen. Und das bitte ohne Zunge am Boden. Heute ging ich deshalb das erste Mal wieder joggen. Ein bisschen enttäuscht kam ich dann wieder zurück, weil das Ergebnis - ja sagen wir's mal so: Da ist noch Luft nach oben :-). Aber ich werde dranbleiben, mein sturer Kopf hat in den letzten Monaten schon den Krebs besiegt, jetzt wird er wohl auch mit den 10 Kilometern fertig! |
AutorRosie. 30 Jahre. Mitten im Leben. Diagnose: Leukämie. Archives
January 2020
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