Die ersten hundert Tage nach der Stammzellentransplantation sind entscheidend. Hat man die überstanden, kann man die ganze Sache wieder ein bisschen entspannter angehen. Nach hundert Tagen ist das Immunsystem wieder einigermassen stabil und man kann die Immunsuppressiva langsam ausschleichen.
Ich bin aktuell bei Tag 36. Das heisst, ich muss noch gut zwei Monate spezielle Regeln einhalten, damit ich mir keinen Infekt einfange. Grösste Einschränkung ist wohl das ÖV-Verbot. Vor allem weil ich zwei Mal pro Woche nach Zürich zur Kontrolle muss, das mache ich statt mit dem Zug jetzt halt mit dem Mietauto. Ich kann die Autobahn schon jetzt nicht mehr sehen! Allgemein Menschenmassen sind tabu für mich. Kein Fussballmatch. Kein Einkaufen in grossen Läden. Kein Strassenfest. Kein Restaurantbesuch. Und keine Festivals - diese werden aber so was von auf die zweite Hälfte des Sommers verlegt :-)! Weitere Regeln gibt es für mich beim Essen. Kein rohes Fleisch. Keine rohen Eier. Keine Mayonnaise. Keine Nüsse. Und das Schlimmste: Kein Appenzeller Käse :-)! Dazu muss natürlich auch die Küchenhygiene stimmen. Also immer alles waschen und Küchentücher täglich wechseln. Ein weiterer Punkt, der mir wirklich schwer fällt: Kein naher Körperkontakt mit anderen. Das führt dann immer zu komischen Situationen bei der Begrüssung, denn Küsschen-Küsschen und Umarmen ist nicht. Ein kräftiger Händedruck ist angesagt und danach desinfizieren nicht vergessen. Den Spital betrete ich übrigens nur mit speziellem Mundschutz, weil da tummeln sich weitaus die meisten Viren, Keime und Bakterien. Auch abstauben, Pflanzen giessen oder den Tumbler ausräumen mache ich nur mit Maske. Aber immerhin habe ich genügend Energie all diese Dinge zu tun! Auch sonst lässt sich der Alltag trotz diesen Einschränkungen gut leben, dennoch freue ich mich sehr auf den 22. Juli, wenn ich die ersten hundert Tage mit meinen neuen Stammzellen überstanden habe und das "normale" Leben so richtig beginnen kann!
9 Comments
Nach Hause kommen. Zurück in meine vier Wände. Zurück in mein altes Leben. Ein tolles Gefühl. Kaum habe ich das Spital letzte Woche verlassen, habe ich mich gleich um einiges besser gefühlt. Ich war irgendwie wacher. Wieder mehr Leben in meinem Körper. Ein tolles Gefühl.
Natürlich bin ich noch nicht auf meinem alten Level was die Kondition und meinen Kreislauf angeht. Aber es wird täglich besser. Trotzdem muss ich jetzt alles ein bisschen langsamer angehen. Aufstehen am Morgen braucht Zeit und auch sonst muss ich überall Pausen einplanen. Aber ich habe ja im Moment nicht viele Termine, ausser die Kontrollen am Unispital. Die ersten hundert Tage muss ich da nämlich zwei Mal wöchentlich auftauchen um meine Blutwerte und den Spiegel des Immunsuppressivas zu kontrollieren. Aber die Fahrten nach Zürich kann ich alleine mit dem Mietauto machen und auch sonst bin ich kaum auf fremde Hilfe angewiesen. Endlich wieder selbstständig. Endlich wieder Kontrolle über mein Leben. Ein tolles Gefühl. Hach war das herrlich! Am Wochenende durfte ich endlich mal wieder raus. Also ich meine so richtig raus. Nach draussen. An die frische Luft.
Meine Blutwerte haben sich in den letzten Tagen so gut entwickelt, dass ich von den Infusionen befreit wurde und für ein paar Stunden in den Park gehen durfte. Was für ein tolles Gefühl, endlich wieder frische Luft in meinem Gesicht zu spüren, die Vögel zu hören und dazu das schönste Frühlingswetter. Ich war in letzter Zeit oft müde, aber der kleine Ausflug in die Freiheit hat mir einen richtigen Energieschub gegeben. Allzu gross austoben konnte ich mich allerdings nicht, ich bin trotz Yoga und Physio-Übungen recht schwach auf den Beinen. Aber so schnell wie sich Muskeln zurückbilden, so schnell kommen sie auch wieder. Sobald ich wieder mehr Bewegung habe. Ab Mittwoch dann. Der geplante Entlassungstag. Endlich. |
AutorRosie. 30 Jahre. Mitten im Leben. Diagnose: Leukämie. Archives
January 2020
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