"Nun sag, wie hast du's mit der Religion?", das fragt nicht nur das Gretchen in Goethes Faust, sondern auch ganz viele Leute um mich herum. Wird man gläubig, wenn man schwer krank ist? Oder im Gegenteil, verliert man den Glauben?
Ich bin recht katholisch aufgewachsen. Getauft, gefirmt und Ministrantin war ich sogar auch. In meiner Jugend habe ich angefangen an Gott zu zweifeln. Ich bin aber nicht wie Faust dem Teufel verfallen, sondern habe begonnen mich für alle Religionen zu interessieren. Wir hatten im Gymi auch keinen christlichen Religionsunterricht mehr, sondern einen allgemeinen mit allen SchülerInnen zusammen. Ich fand das immer sehr spannend, vor allem der Buddhismus hat mich fasziniert. Da steht der Mensch im Mittelpunkt und kein Gott. Da nimmt man sein Schicksal selbst in die Hand, das gefiel mir. Und diesem Grundsatz bin ich eigentlich bis heute treu, obwohl ich den Buddhismus nie praktiziert habe. Ich glaube nicht mehr an Gott, auch weil in unserer Welt einfach so vieles unfair ist und schief läuft. Da soll mir jetzt auch keiner kommen mit "Gott prüft uns" oder "Das ist eine Strafe von Gott". Ich habe einiges Falsch gemacht in meinem Leben, aber diese kleinen Fehler gleich mit Krebs abzustrafen? C'mon! Warum werden dann die meisten Diktatoren dieser Welt so alt? Geht irgendwie nicht auf. Es gab aber Momente im Spital, in denen ich mir einen Gott gewünscht hätte. Manchmal nachts, wenn ich nicht schlafen konnte, alleine war und die Gedanken gekreist sind, hätte ich gerne zu jemandem gebetet. Einfach um die ganze Last abzulegen und die Verantwortung für mein Schicksal in andere Hände zu geben. Aber da war niemand - ausser mir. Das ist auch überhaupt nicht schlimm. Nur ich kann mir selber helfen, indem ich an mich glaube! Ich glaube nicht an Gott, ich glaube an mich. "Schau ich nicht Aug in Auge dir, Und drängt nicht alles Nach Haupt und Herzen dir, Und webt in ewigem Geheimnis Unsichtbar sichtbar neben dir? Erfüll davon dein Herz, so groß es ist, Und wenn du ganz in dem Gefühle selig bist, Nenn es dann, wie du willst, Nenn's Glück! Herz! Liebe! Gott Ich habe keinen Namen Dafür! Gefühl ist alles; Name ist Schall und Rauch, Umnebelnd Himmelsglut". Faust I „Marthens Garten“ Vers 3446 ff.
2 Comments
katrin
25/7/2017 09:16:18
hey, die ersten 100 tage sind rum oder, wie gehts dir? lg katrin
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AutorRosie. 30 Jahre. Mitten im Leben. Diagnose: Leukämie. Archives
January 2020
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