Sorry für die obszöne Wortwahl, aber in dieser Situation sei sie erlaubt. Die Leukämie ist zurück. Oder besser gesagt: Sie war immer da. Die Leukämiezellen wurde nämlich nicht im Blut oder im Knochenmark gefunden, sondern im Nervenwasser, sie betrifft also das Zentrale Nervensystem. Irgendwie müssen die aber da hingelangt sein und da mein Knochenmark seit Oktober 2015 "sauber" ist, haben sie sich wohl schon ganz am Anfang in meinem Hirn eingenistet. Da ich bis im September 2016 regelmässig Chemos in dieses Nervenwasser gespritzt bekommen habe, konnten die bösen Zellen auch nicht wachsen. Bis jetzt - und ich habe es wortwörtlich kommen sehen, weil sich die Leukämiezellen direkt auf meinem Sehnerv festgekrallt haben. Augenkrebs wenn man so will :-).... Nervig ist es wirklich. Vorallem weil ich mich ja gerade wieder so schön im Alltag eingelebt habe. Und vor allem, weil sogar die Ärzte nie damit gerechnet hätten.
Aber nun ist es so. Schlag in's Gesicht. Liegen bleiben oder aufstehen? Die Antwort ist ja wohl klar. Wie gehts jetzt weiter? Ich bekomme die nächsten drei Wochen wieder Chemo in den Rücken (bzw. in's Nervenwasser) gespritzt, danach gibt es kurze Chemoblöcke im Spital und dann muss ich wohl eine Stammzellentransplantation machen. Oder anders gesagt: Ich brauche ein neues Immunsystem, mein altes macht seinen Job nicht mehr richtig, sonst hätte es die Leukämiezellen vernichtet und nicht wachsen lassen. Es gibt also einen Weg, einen steinigen, aber es gibt einen Weg.
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,Eigentlich war es nur ein kleiner, verschwommener Fleck auf dem linken Auge. Ich hatte mir nicht viel dabei gedacht, trotzdem habe ich am Freitag - zur Sicherheit - einen Termin beim Augenarzt abgemacht. Und dann sitze ich in dessen Untersuchungszimmer, der Arzt schaut mich mit diesem mitleidigen Blick an, den ich eigentlich nicht mehr sehen kann: "Ihr Sehnerv ist entzündet, wir müssen ein MRI (Magnetresonanztomographie) machen, es könnte sein, dass da Etwas auf das Auge drückt!" WTF? Echt jetzt? Und schon sitze ich in der Notaufnahme und warte auf den MRI-Termin.
Wieder dieser Ort. Wieder ein Freitagnachmittag. Wieder nach der Arbeit. Wieder ein Tag nach einer tollen Bergtour. Wieder eine schlechte Nachricht? Ich könnte wahnsinnig werden. Psychoterror vom Feinsten. Einige Minuten vergehen, ein Pfleger will mich mit dem Rollstuhl durch die kalten Krankenhausgänge zur Radiologie chauffieren. Mit dem Rollstuhl. Ernsthaft? Ich bin gesund, verdammt nochmal! Endlich werde ich in die Röhre geschoben und nach weiterem Warten habe ich Gewissheit: Da ist nichts Sichtbares in meinem Kopf. Zum Glück! Doch woher kommt der geschwollene Sehnerv? Im Moment gibt es zwei Möglichkeiten: Einerseits könnte es sein, dass mein Hirndruck erhöht ist. Schuld wäre meine Pille, welche ich passenderweise auch seit Kurzem wieder einnehme. Andererseits und auch schlimmstenfalls könnte es aber auch sein, dass Leukämie-Zellen im Nerven- bzw. Hirnwasser sind und irgendwie die Augen annektieren. Bei mir wurden zwar noch nie Leukämie-Zellen in dieser Flüssigkeit gefunden und auch mein Arzt geht von Möglichkeit 1 aus, trotzdem muss ich diese Woche mal wieder eine Punktion in den Rücken über mich ergehen lassen um den Druck zu messen und um Flüssigkeit zur Prüfung zu entnehmen. Das heisst ich sitze schon wieder auf Nadeln und mein Start in's 2017 war deshalb auch nicht so euphorisch. Das neue Jahr macht mir ehrlich gesagt richtig Angst. Was ist da los in meinem Kopf? Ich hoffe, ich bekomme diese Woche eine Antwort. Eine verträgliche Antwort. Und ich kann doch noch richtig im 2017 ankommen. Ja ich weiss, es war die letzten drei Monate sehr ruhig auf diesem Blog. Aber ich brauchte Abstand. Und Zeit. Ich wollte mich mal nicht jeden Tag mit meiner Krankheit befassen. Ich musste einige Erfahrungen verarbeiten, vergessen und ich musste abschalten. Das gelingt mir einerseits bei der Arbeit sehr gut und andererseits wenn ich auf Reisen bin. Und das funktioniert trotz Medikamentenplan und Hygienebestimmungen super.
Im September habe ich mit Fabian einen Interrail-Trip gemacht und im November bin ich zwei Wochen mit dem Rucksack durch Israel und Palästina gereist. Beide Reisen haben mir extrem gut getan. Endlich habe ich den nötigen Abstand gefunden. Geographisch natürlich, aber auch gedanklich. Klar musste ich jeden Tag an meine Medikamente denken, aber die Krankheit ist in den Hintergrund getreten und hat neuen Eindrücken Platz gemacht. Ebenfalls habe ich sehr viele tolle Menschen getroffen und all die inspirierenden Gespräche möchte ich nicht missen. Besonders eines ist mir geblieben - aber von vorne: Die letzten Tage im Nahen Osten habe ich auf den Golanhöhen verbracht, ein Teil Syriens, welcher aber seit Jahrzehnten unter israelischer Kontrolle steht. Es herrscht da kein Krieg, aber man hört ihn, denn Damaskus ist nur etwa 60 Kilometer entfernt. Die Golanhöhen sind landschaftlich einzigartig, besonders die Lichtverhältnisse wenn die Sonne untergeht. Für dieses Naturspektakel bin ich jeden Abend auf einen Hügel gelaufen und es war einerseits atemberaubend schön, auf der anderen Seite extrem traurig. Denn als es für einige Augenblicke windstill war, konnte ich die Detonationen aus Syrien hören. Ein spezieller Moment und ich war noch nie dankbarer für mein wiedergeschenktes Leben, wie da oben. Später habe ich auch mit Ryan, welcher das Hostel führt und ursprünglich aus den USA stammt, darüber gesprochen. Er meinte, dass der Krieg so nahe sei, nehme viele Touristen extrem mit. Ist ja eigentlich auch logisch, aber er sagte: "Egal wie nah du bist, es passiert jeden Tag!" Jeden Tag explodieren Bomben, ob ich nun 60 Kilometer davon entfernt bin oder tausende. Es passiert. Es passiert Schlechtes auf der Welt. Krieg ist nur die Spitze des Eisbergs. Hunger. Verfolgung. Misshandlungen. Ausgrenzung. Krankheiten. Schicksale - sie passieren jeden Tag auf der ganzen Welt. "Und was kannst du machen?", fragte mich Ryan dann. Meine Antwort: Dankbar sein und jeden Tag versuchen ein guter Mensch zu sein. Denn es ist mir klar, ich kenne die Lösung vom Nahost-Konflikt nicht, ich weiss nicht wie alle Menschen satt werden und ich kann auch Krebs nicht heilen. Aber ich kann kleine Dinge im Leben leisten und ein gutes Beispiel sein. Eine schöne Erkenntnis, die ich da mit nach Hause nehmen durfte. Zwei, drei Wochen nach der Reise: Meine Blutwerte werden immer noch wöchentlich kontrolliert und seit der Rückkehr aus Israel sind meine weissen Blutkörperchen extrem zurückgegangen. Mein Arzt ist natürlich langsam unruhig geworden und um einen Rückfall auszuschliessen, wurde eine Knochenmarkpunktion angeordnet. Der Eingriff an sich ist sehr schmerzhaft, aber noch viel schlimmer ist das Warten auf das Resultat. Einen Tag lang sass ich wie auf Nadeln, tausend Filme sind in meinem Kopf abgelaufen und ich habe mit dem Schlimmsten gerechnet. Aber dann vor einer Woche die Entwarnung mit den ersten Ergebnissen: WIR HABEN KEINE LEUKÄMIE-ZELLEN IN IHREM KNOCHENMARK GEFUNDEN! Geil! Gesund! Ich reagiere wohl einfach stark auf ein natürliches Medikament, welches ich zur Unterstützung meiner Leber eingenommen habe. Heute habe ich dann auch noch die letzten und die genausten Resultate der Knochenmarkuntersuchung bekommen: ebenfalls negativ! Geil! Gesund! Und sehr dankbar für mein nichtselbstverständliches Leben. Wenn ich an meine Zukunft denke, dann freue ich mich am meisten auf alle Reisen, die ich in meinem Leben noch machen werde. Reisen ist für mich die Essenz des Lebens.
Die Leukämie hat vor einem Jahr einen dicken, fetten Strich durch eine tolle Reiserechung gemacht. Fabian und ich wollten diesen Frühling eigentlich für mehrere Monate mit dem Rucksack unter anderem in den Iran. Alter Plan gescheitert, Neuen geschmiedet und am Freitag geht's los: Per Interrail durch Österreich, die Slowakei, Tschechien und Deutschland. Abenteuer ahoi! Und weil ein Reiseplan nicht genug ist und ich noch ganz viel Ferien übrig habe, gehe ich im November alleine nach Israel und Ende Januar auch noch nach Finnland. Nur vom Drandenken heben in meinem Bauch ganz viele Flugzeuge ab - die Vorfreude ist riesig! Natürlich kann ich nicht einfach so drauflos reisen, in meinem Fall muss ich mir schon einige Gedanken im Voraus machen und alles ist halt einfach nicht möglich. Tropische Länder etwa sind in den nächsten paar Monaten tabu. Mein Immunsystem ist immer noch sehr schwach und beispielsweise eine Malaria wäre für mich tödlich. Ebenfalls müssen die hygienischen Bedingungen im Land gut sein und die medizinische Versorgung muss auch gewährleistet sein. Auch kann ich zurzeit wegen den regelmässigen Blutkontrollen nicht länger als zwei, drei Wochen verreisen. Und natürlich ist meine Reiseapotheke ein bisschen umfangreicher als bei anderen. Ich habe zum Beispiel Extra-Antibiotika dabei, falls ich Fieber kriege unterwegs. In diesem Fall müsste ich auch sofort ein gutes Spital aufsuchen, weil ich im Vergleich zu gesunden Menschen viel schneller septisch werde. Aber ganz ehrlich: Was sind schon diese paar Einschränkungen? Ich kann reisen, neue Kulturen kennenlernen, schöne Orte entdecken, spannende Menschen treffen, gutes Essen ausprobieren, ich kann leben - und das ist die Hauptsache.
Neun Tage. Drei Bergtouren. Eine Glückseligkeit.
Die letzten paar Tage habe ich mich richtig fit gefühlt. Einerseits lag es an den warmen Temperaturen und dem tollen Sommergefühl. Andererseits auch an meiner Medikamentenpause. Meine Chemotabletten sollen ja das Wachstum von Tumorzellen unterdrücken. So haben sie eine starke Hemmwirkung auf das Knochenmark und das führt vor allem zur Abnahme der weissen Blutzellen (Immunsystem). Anfang Monat sind diese Blutkörperchen dann so tief gesunken, dass ich das Medikament pausieren musste. Das kann manchmal passieren, gerade jetzt am Anfang, wenn die Dosierung noch nicht richtig eingependelt ist. Jedenfalls wurde durch die Medi-Pause meine Leber weniger belastet und ich fühlte mich automatisch auch nicht mehr so müde. Kam noch dazu, dass ich die letzten paar Tage oft frei hatte. Also Wanderschuhe montiert und ab in den Alpstein. Die erste Tour habe ich mit meiner Schwester gemacht. Von der Wasserauen stiegen wir zur Meglisalp hoch. Nach einer feinen Südwurst ging es runter zur Seealp. Da haben wir uns im See erfrischt und danach noch unsere Grosseltern im Ferienhaus besucht. Ich finde es richtig schön, wie wie meine Schwester und ich durch meine Krankheit wieder zueinander gefunden haben und solch herrliche Tage zusammen geniessen können. Bei der zweiten Tour war ich mit meiner Freundin Ursi unterwegs. Vom Hohen Kasten aus wanderten wir über die Staubern zur Bollenwees. Zufälligerweise war da "Stobete", war ich ja auch noch nie auf einer. Und sowieso: ein super Mädels-Tag! Heute habe ich dann alleine noch eine Velo-Wander-Tour gemacht. Mit meinem tollen Strom-Drahtesel fuhr ich von St. Gallen in's Weissbad. Und von da zu Fuss zum Äscher und die Ebenalp. Ich hatte zwar nicht so viel Wetterglück, aber dafür war's angenehm kühl. Herrlich so viel gute Alpenluft und schöne Ausblicke. Ich hatte überhaupt keine Konditionsprobleme und so waren es sicher nicht die letzten Touren im heimischen Alpstein für diesen Sommer. Als ich mir die Tickets für's St. Galler Openair gekauft habe, war ich gerade im Spital an einer Infusion angeschlossen. Chemo in den Venen, Vorfreude im Kopf. Mein Ziel war es seit der Diagnose, dass ich bis Ende Juni wieder fit bin, Haare habe und ganz normal ans Openair gehen kann. Das habe ich geschafft. Vier Tage Sittertobel. Vier Tage Lachen. Vier Tage "dumm schnorre". Vier Tage Freude und Freunde. Vier Tage Musik. Vier Tage im Regen und in der Sonne tanzen. Natürlich war nicht alles mehr so wie früher, ich brauchte doch einige Stunden um richtig loszulassen. Ebenfalls durfte ich ja auch nicht so viel Bier trinken, wie ich wollte. Aber es gibt ja pflanzliche Alternativen. Höhö. Jedenfalls war's super, auch weil Fabian nach sechs Wochen reisen wieder zurück war und wir gemeinsam durch die Meute streifen konnten. Aber obwohl ich nicht getrunken habe, war ich am Montag so richtig kaputt. All die Eindrücke, die langen Stunden auf den Beinen und das viele Lachen machen halt auch einfach müde. Und einen "Chäfer" habe ich mir auch noch eingefangen. So habe ich ab Dienstag mal zwölf Stunden durchgekotzt. Mein Immunsystem ist eben noch nicht stark genug für Openair-Hygiene. Aber trotzdem, es hat sich gelohnt. Festivals sind das pure Leben und leben mag ich. "Refused" waren für mich übrigens das absolute Highlight auf der Bühne am OASG. Regen, Schlamm, Punk, geil!
Ich habe mein Leben zurück! Das ist mittlerweile auch in meinem Kopf angekommen. Aber ist es mein altes Leben? Nein. Ich habe ein anderes Leben zurückbekommen. Ich mache nicht da weiter, wo ich im August aufgehört habe. Die Prioritäten haben sich verschoben, neue Ängste eingeschlichen, die Ernsthaftigkeit hat zugenommen und die Unbeschwertheit ist weg. Ich gehe samstags nicht mehr raus um einfach zu feiern. Schon beim ersten Bier mache ich mir Sorgen um meine Leber. Wenn ich mal zu viel Süsses oder Fettiges esse, denke ich gleich ich ernähre mich falsch. Wenn mein Bauch ein bisschen wehtut oder ich irgendwo ein harmloses Stechen spüre, habe ich sofort das Gefühl wieder schwer krank zu sein. Wenn ich mal müde bin, zwinge ich mich zu bewegen, denn schliesslich muss ich doch fit sein. Ich muss aktiv sein. Ich muss gesund leben. Alles andere ist nicht gut für mich. Alles andere löst sofort wieder Leukämie aus. Ich mache mir ständig Sorgen. Weil ich jetzt halt einfach weiss, was alles passieren kann. Weil ich erfahren habe, wie schnell sich das Leben ändern kann. So baue ich mir selber einen enormen Druck auf und das wiederum ist auch nicht gesund. Überhaupt nicht. Gesund ist die Unbeschwertheit, auch wenn sie manchmal gefährlich ist. Und darum: Fuck it! Genau. Fuck it. Und so fiel mir das kleine, aber feine Büchlein wieder in die Hände. The way of fuck it. Raus aus der Zügelkiste, rauf auf meinen Nachttisch. Da gehört es nämlich wieder hin... Endlich Sonntag. Endlich mal wieder Zeit für ein bisschen Frühstück, Sport und ein Stündchen in der Badewanne. Die letzte Woche war echt stressig. Auf positive Art. Ich bin umgezogen. Raus aus der WG, rein in die eigenen vier Wände. Die Zeit in der "Oase Deluxe" war zwar super, es war immer etwas los, wir haben tolle Feste auf der Dachterrasse gefeiert, aber in den letzten paar Monaten war ich gezwungenermassen so oft zu Hause, dass mir irgendwann die Decke auf den Kopf gefallen ist. So haben Fabian und ich eine charmante Altbauwohnung gesucht und gefunden. Ein neues Daheim, ein Neuanfang. Jetzt freu ich mich einfach auf ein ruhiges, möglichst normales Leben und auf viele schöne Stunden in unserem Garten!
Und noch etwas konnte man von mir in dieser Woche hören: Vor etwa einem Monat war ich bei Robin Rehmann im Radiostudio. Er hat bei SRF Virus eine Sendung namens "S.O.S. - Sick of Silence". Robin spricht da mit jungen Leuten über ihre persönliche Krankheitsgeschichte und das Leben damit. Das auf sehr einfühlsame und entspannte Art und Weise. Niemals hat man bei ihm das Gefühl, dass er nur eine geile Story aus den Leuten "herauskitzeln" will, im Gegenteil: Es sind tolle Gespräche auf Augenhöhe. Wahrscheinlich auch, weil Robin selber von einer chronischen Krankheit betroffen ist. Aber seht und hört selber hier. Ich bin ein geselliger Mensch. Ich feier die Feste gerne wie sie fallen. Feucht und fröhlich. Bier und Wein, lass ich selten sein - es gehört halt einfach irgendwie dazu. Und immer wenn ich mir während meiner Krankheit die Zukunft ausgemalt habe, sah ich mich mit Bier in der Hand auf einem Festival, mit einem Glas Wein beim Tanzen und ich wollte einfach kein Fest mehr auslassen. Hoch die Tassen auf das Leben! Und nun? Macht mir ein Medikament namens Puri-Nethol einen Strich durch die Rechnung. Ich habe vor gut zwei Wochen mit der Erhaltungstherapie angefangen. Das heisst, ich nehme täglich Chemo-Tabletten und das für die nächsten zwei Jahre. Man hat mir immer gesagt, dass diese Medikamente zwar stark seien, man aber ein ziemlich normales Leben damit führen könne. Und jetzt hat das Ganze plötzlich einen Haken: Diese Medis schlagen extrem auf die Leber und ich sollte diese nicht noch zusätzlich mit Alkohol belasten. Also wenig bis gar keinen Alkohol mehr trinken. Die nächsten zwei Jahre. Fuck, echt jetzt? Jetzt sagt sicher der eine oder die andere, dass das ja wohl kein Problem sein sollte oder? Der Gesundheit zu liebe macht man das doch? Sei doch froh, dass du überhaupt noch lebst! Das bin ich ja auch. Aber ganz ehrlich, seid ihr euch bewusst, wie oft Alkohol in unserem Leben Thema ist? Ich habe das die letzten Wochen ein bisschen beobachtet und habe das Gefühl, dass dauernd um mich herum getrunken wird. Bei jeder verdammten Gelegenheit und wenn man da nicht mitmacht, ist man der Horst mit dem Wasserglas, mit dem nicht mal mehr angestossen wird. Fuck, echt jetzt?
Ebenfalls ist mir klar geworden, dass nicht der Verzicht an sich das Problem ist. Ich kann gut auf Bier und Wein verzichten. Ich kann auch ohne Alkohol Spass haben. Echt jetzt. Der springende Punkt ist aber: Ich muss mich dauern erklären wieso ich keinen Alkohol trinke. Nein ich bin nicht schwanger, nein ich bin keine Spassbremse, nein ich muss nicht fahren, ich hatte Leukämie und nehme sehr starke Medikamente. Und dann: "Krass! Krebs? Erzähl doch mal..." und genau auf das habe ich keinen Bock. Jedes Mal wenn ich mich auf einer Fete amüsieren will, über meine Krankheit zu sprechen. Die nächsten zwei Jahre lang. Nein, jetzt echt nicht! Kommt dazu, dass ich auch wütend war. Weil ich realisiert habe, dass ich zwar die Leukämie vorerst besiegt habe, aber mein Leben nicht mehr so leben kann wie früher. Ich kann nicht einfach dort weitermachen, wo ich im August aufgehört habe. Ich muss jetzt anders leben. Bewusster halt. Und dazu gehört auch, dass ich mir mehr Gedanken um meine Gesundheit machen muss. Und eben auch zum Thema Alkohol, was ja sicher ganz gut war. Mittlerweile konnten wir meine Leber ein bisschen beobachten und bis jetzt sind die Werte stabil. Ein moderater Konsum wird wohl auch in Zukunft möglich sein. Ganz verzichten werde ich also nicht, obwohl ich es mir wirklich überlegt habe. Ein Glas Wein zum Essen, ein Bier beim Fussballspiel oder mal was Prickelndes zum Anstossen - das lass ich mir einfach nicht nehmen! Gif-Source www.tumblr.com |
AutorRosie. 30 Jahre. Mitten im Leben. Diagnose: Leukämie. Archives
January 2020
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