Ich habe mich wieder gefangen. Habe mich mit dem Gedanken angefreundet, dass es in einer Woche losgeht. Dieser Zeitpunkt musste ja irgendwann mal kommen und je früher, desto eher ist alles vorbei. Schon in zwei Monaten ist das Gröbste überstanden, vorausgesetzt es läuft alles gut. Und das wird es. Daran glaube ich ganz fest.
Die letzten Tage jetzt vor der Stammzellentransplantation sind recht stressig. Ich habe viele Spitaltermine in St. Gallen (Bestrahlung jeden Tag, Augenarzt, Blutbildkontrolle), ebenfalls musste ich noch zwei Mal nach Zürich an's Unispital, wo ich nochmals gründlich durchgecheckt wurde. Daneben will ich natürlich noch ein bisschen arbeiten, damit nicht schon jetzt die Krankheit überhand nimmt. Einfach noch ein bisschen Alltag. Das Organisieren all dieser Termine war gar nicht so einfach und recht nervenaufreibend, aber jetzt steht der Plan. Und ich habe es sogar noch geschafft eine anständige Party zu organisieren. Verabschiedung von Rosie's altem Immunsystem. Das muss jetzt einfach noch sein und das lass ich mir auch nicht nehmen. Ich freue mich extrem darauf, mit all meinen liebsten und tollsten Menschen nochmals zu feiern und auf das Leben anzustossen.
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Da macht man morgens nichts ahnend in der Küche Kaffee und plötzlich klingelt das Telefon: "Frau Hörler, wir haben einen Spender für sie, am 5. April geht's los!" Genau so habe ich reagiert. In zwei Wochen checke ich in's Unispital Zürich ein und am 13. April ist der Transplantationstermin. Einerseits super, dass alles so nahtlos funktioniert, andererseits geht es mir jetzt doch irgendwie viel zu schnell. Ich habe mich eigentlich darauf eingestellt erst mal entspannt die Bestrahlung über die Bühne zu bringen und danach vielleicht noch ein, zwei Wochen Pause. Aber nein, ich werde mal wieder vor vollendete Tatsachen gestellt. Ich mag das nicht. Die Spitäler organisieren einfach drauf los, dass die Patientin selber auch ein Leben hat, das geregelt werden muss, wird oft vergessen. Und sowieso mit solchen Situationen muss man auch mal klarkommen. Und das kam ich heute Morgen überhaupt nicht. Ich konnte mich irgendwie nicht so richtig freuen.
Aber der Termin steht fest. Da gibt es nichts mehr zu rütteln, ansonsten wäre die ganze Transplantation in Gefahr. Dann ist vielleicht der Spender nicht mehr verfügbar oder es gibt keine Kapazität im Spital des Spenders. Es gingen im schlimmsten Fall Wochen verloren. Ebenfalls kommunizieren die Ärzte in Zürich mit dem Spender aus Anonymitätsgründen nicht direkt, was das Ganze nochmals komplizierter macht. Einziger Grund die Transplantation zu verschieben, wäre ein medizinischer. Falls ich zum Beispiel die Bestrahlung nicht vertrage oder in den nächsten Tagen eine Infektion einfange. Dass Frau Patientin mental vielleicht noch ein, zwei Wochen mehr bräuchte, ist - wie gesagt - egal. Aber hey, ich jammere hier auf sehr hohem Niveau. Denn aus rein medizinischer Sicht ist die ganze Situation ein Glücksfall. Je schneller, desto besser! Und manchmal ist es vielleicht auch gut, wird man einfach in's kalte Wasser geworfen. In diesem Sinne: Heute war ein guter Tag. Heute hat sich ganz vieles ganz richtig angefühlt. Ich bin total erleichtert und sehr motiviert. Das vorweg.
Diese Woche haben die Ärzte entschieden, wie es mit mir weitergehen soll. Am sogenannten "Tumorboard" (diese Sitzung heisst echt so) haben sie sich mit weiteren Experten getroffen und einen Plan ausgearbeitet. Der wurde mir heute präsentiert und ich habe ein gutes Gefühl. Das Wichtigste: Meine Sehnerven werden nicht explizit bestrahlt. Das ist gut, weil so eine Bestrahlung an dieser heiklen Stelle hätte mich mein Augenlicht kosten können und ein gutes Resultat wäre erst noch nicht garantiert gewesen. Ein Bestrahlungsmarathon bleibt mir dennoch nicht erspart, allerdings wird das ganze Zentrale Nervensystem, also der ganze Kopf, bestrahlt. Das ist zwar auch nicht ohne, Spätfolgen von solchen Eingriffen können Einschränkungen meiner intellektuellen Leistungsfähigkeit sein (zum Beispiel Konzentrations- oder Lernschwäche) aber hey: "Lieber chli blöd, wie blind, göll!" 😁 Jetzt sollen in nächster Zeit dreizehn Sitzungen die Leukämiezellen auf den Sehnerven endgültig vernichten, damit ich ready für die Stammzellentransplantation bin. Und auch da geht was: Mittlerweile wurden drei perfekte Spender für mich gefunden! Drei!! OMG! Die werden jetzt angefragt, ob sie Bock und Zeit auf Leben retten hätten. Es kann sich also nur noch um Wochen handeln und dann gilt es ernst. Und ich bin so was von dabei! Was war da die letzten Tage los? Eigentlich wollte ich einfach noch ein bisschen Alltag geniessen, bevor diese Woche die zweite Chemorunde anstand. Dann bemerkte ich am Sonntagabend, dass mein rechter Arm angeschwollen war. Ignorieren oder nicht? Auf keinen Fall! Da ich seit etwa einem Monat einen Portkatheter in meiner Schlüsselbeinvene trage, bin ich thrombosengefährdet. Also ab auf die Notaufnahme und tatsächlich: In meiner Schlüsselbeinvene hat sich wegen des Schlauches ein Blutgerinnsel gebildet. Dieses hätte durchaus abspicken und zu einer - unter Umständen - tödlichen Lungenembolie führen können. Auch wenn ich so die Nacht im Spital verbringen musste um das Blut zu verdünnen, war ich froh, habe ich mich für diese Vorsichtsmassnahme entschieden. Sicher ist sicher. Jetzt muss ich die nächsten Monate einfach täglich Blutverdünner spritzen, der Port kann aber auch weiterhin benutzt werden.
That's it? Schön wär's... Der "Augenkrebs" macht sich wieder bemerkbar. Meinen Rückfall habe ich ja im Dezember bemerkt, weil ich einen blinden Fleck auf dem linken Auge hatte. Grund waren wahrscheinlich Leukämiezellen, welche auf den Sehnerv gedrückt haben. Durch die Chemospritzen in den Rücken im Januar konnte man diese mehrheitlich zerstören, denn im Liquor (Flüssigkeit rund um das Zentrale Nervensystem) wurden im Februar auch überhaupt keine Leukämiezellen mehr nachgewiesen. Aber vor zwei, drei Woche kam die Sehschwäche zurück. Ausgerechnet nach der ersten, starken Chemorunde. Was ist da los in meinem Kopf? Hat da was nicht funktioniert? Abklären war angesagt, nervenaufreibende Stunden beim Augenarzt, erneute Liquorpunktion und immer wieder die gleichen Fragen: Wie kann es sein, dass der Liquor sauber ist, der Sehnerv aber von kranken Zellen infiltriert? Ein medizinisches Problem, dass nicht alle Tage vorkommt. Natürlich habe ich an der ganzen Therapie gezweifelt. Ich mache schliesslich mit jeder Runde Chemo ein gesundes Knochenmark kaputt und meinen Körper schwach, trotzdem überleben da kranke Zellen. Wieso sind die so super-resistent? Ein paar Erklärungen gibt es aus medizinischer Sicht: Der Sehnerv ist eine Insel. Gut geschützt und auch nicht vollständig vom Liquor benetzt. Deshalb ist dieser wohl auch sauber. Ebenfalls könnte es sein, dass da einfach Abfallzellen hängen und sich entzündet haben. Das Problem würde sich dann nach einiger Zeit von selbst erledigen. Immerhin hat sich in den letzten Tagen meine Sicht wieder verbessert, dank viel Kortison. Auch habe ich Hoffnung, dass jetzt die zweite Chemorunde anschlägt. Trotzdem mache ich mir echt Gedanken: Was wenn diese hartnäckigen Zellen auch eine Stammzellentransplantation überstehen? Eine Antwort weiss niemand....
Ich bin deshalb richtig froh, habe ich vor einigen Wochen eine Perücke machen lassen. Als Backup quasi. Oder auch als Schutz. Ist ja kein grosser Aufwand und das Ganze wird erst noch von der IV übernommen. Mein Arzt hat es dann auch auf den Punkt gebracht, er meinte, man müsse nicht immer tapfer sein und da hat er absolut Recht, ich kann die Kraft im Moment definitiv auch anderswo gebrauchen.
Das Auswählen der Perücke hat übrigens richtig Spass gemacht. Meine gute Freundin Ursi war dabei und wir haben viel gelacht (siehe Diashow oben 😂). Ich wollte frisurtechnisch auch mal was ausprobieren, etwas das ich mit meinen echten Haaren nie gemacht hätte. Ich bin dann aber trotzdem nahe bei meiner alten Friese geblieben. Fällt halt weniger auf und jetzt bin ich mit dem Resultat absolut zufrieden. Ich hätte nie gedacht, dass es so echt aussieht! Und die Perücke ist erstaunlich bequem. Sie kratzt nicht und es ist eher so als würde ich eine Mütze tragen. Ich nenne sie liebevoll mein "Frühlingsfell" und so fühle ich mich mit ihr auch: leichter, schöner und lebendiger! Ich finde zwar die Glatze jetzt nach ein bisschen Gewöhnungszeit auch nicht mehr so schlimm, aber die Perücke ist einfach ein Stück Normalität und diese tut mir gut. Und so muss ich mich jetzt jeden Morgen für eine der drei Optionen entscheiden: Fleisch-, Woll- oder Haarkappe. Kann auch nicht jeder! 😁 Fake News sind gerade in aller Munde. Das Internet, die sozialen Netzwerke sind voll damit. Und wer nicht selber Fake News verbreitet, schreibt darüber. Für mich als Medienschaffende auch nicht immer einfach. Stimmt die Geschichte wirklich? Eine Frage, die ich mir immer wieder stellen muss. Eine Frage, die wir uns immer wieder - auch im echten, analogen Leben - stellen müssen. Ist die Geschichte wirklich wahr? Auch über mich kursieren Fake News. Jetzt mal überspitzt gesagt 😜. "Du i ha ghöt dinem Grosschind gohts wiede unheimlich schlecht...?" Jemand aus meiner Heimat Appenzell zu meinem Grossvater, dem ich immer wieder sage, dass es mir trotz allem gut geht und der danach völlig verunsichert war. Wie kommt die Person auf die Idee, dass es mir schlecht geht? Wahrscheinlich ist es das dumme Klischee, dass es krebskranken Menschen grundsätzlich schlecht gehen muss, weil sie haben ja Krebs. Ein weiteres Beispiel: "Du i ha ghört, dini Meedl isch wiede so lang im Spitol?" Eine andere, fremde Person zu meiner Mutter VOR meinem ersten Spitalaufenthalt. WTF? Meine Mutter arbeitet in einem Laden im Dorf und muss sich solche "Gwundrigkeiten" immer wieder anhören. Ich finde, man kann doch auch anständig und neutral fragen oder? Mit einem gesunden Interesse. Aber stattdessen wird meine Familie und auch meine engen Freunde mit irgendwelchen Gerüchten konfrontiert. Den Leuten ist es egal, was sie damit anrichten, Hauptsache die Sensationslust ist gestillt. Es ist ja nicht so, dass ich verschwiegen mit der Krankheit umgehen. Einer der Gründe warum ich diesen Blog führe: Ich will, dass die Leute wissen, was läuft. Weil ich mir bewusst bin, dass ich durch meinen Job sowieso in der Öffentlichkeit stehe und mein Blog ist total öffentlich. Einmal meinen Namen googeln et voilà! Ich möchte nicht, dass Halbwahrheiten die Runde machen und ich meine Geschichte immer wieder berichtigen muss. Trotzdem gibt es Leute, die sich am Schicksal anderer aufgeilen und immer noch was Tolles hinzudichten müssen. Armselig ist das! Ich bin richtig froh, wohne ich im Moment in St. Gallen und kann jeden Tag in die Anonymität der Stadt abtauchen. Nicht falsch verstehen, ich liebe meine Heimat Appenzell. Ich habe da eine tolle Kindheit und wilde Jugend verbracht. Ich liebe die Natur, wenn ich den Alpstein sehe, kriege ich Herzklopfen. Ich liebe diese "gfitzte" Besonderheit der AppenzellerInnen und trotzdem habe ich das Gefühl, man darf hier nicht besonders sein, sonst wird geredet. Und das meist mit den bösen, falschen Zungen. Deshalb meine Botschaft an die Menschen, die meinen immer alles genau zu wissen: Ich muss zurzeit mit Leukämie leben, das ist nicht lustig! Aber ich lebe, ich feiere das Leben sogar. Ich tanze manchmal durch die Nacht mit einem Bier in der Hand. Manchmal schlafe ich zwölf Stunden durch die Nacht mit Infusion in der Brust. Ich gehe mit Freude zur Arbeit, weil es mir gut tut. Ich gehe genau so motiviert in den Spital, weil die Ärzte mich gesund machen. Ich jogge. Ich treffe meine Freunde. Ich lache. Ich schaue mir den FC St. Gallen an und friere mir den Arsch ab. Ich mache dumme, aber lustige Witze. Und manchmal ziehe ich mir stundenlang Serien rein oder verkrieche mich in meinem Bett und weine. Das ist mein Leben, nicht immer toll, aber bei wem ist das schon so? Mein Leben ist eigentlich total normal und es macht mich grundsätzlich sehr zufrieden und glücklich. Ich teile mein Leben gerne, mit euch hier, weil meistens ehrliches Interesse gezeigt wird und meine Geschichte auch ganz vielen hilft. Ich versuche auch sonst jeden Tag ein guter Mensch zu sein, klappt nicht immer. Aber hey, versuch das doch auch mal! Ein guter, glücklicher Mensch zu sein. Ein Mensch, der sein Leben lebt und nicht das Anderer! Endlich! Nach wochenlangem Warten habe ich heute erste Resultate aus Zürich betreffend der Stammzellentransplantation bekommen. Aber der Reihe nach: Im Januar war ich ja im Unispital Zürich, die haben Blut genommen und anhand dieser Proben wurde die weltweite Stammzellenspender-Datenbank einmal grob durchgescannt. So kann man sehen, wie gross die Wahrscheinlichkeit ist, dass es einen passenden Spender für mich gibt. Und heiterenfahnen - was für ein Resultat: Es gibt in der Datenbank etwa 2000 Menschen die passen! Eine echte Luxus-Situation. Jetzt wird die Suche anhand von weiteren Kriterien noch eingeschränkt und in zwei, drei Monaten kann schon transplantiert werden. Läuft bei mir! Für mich ist diese Nachricht echt eine Erleichterung und ich bin froh, haben mir meine Eltern so eine gute Gen-Kombination mitgegeben 😁.
Doch was heisst eigentlich "ein passender Spender"? Was muss da genau übereinstimmen? Ausschlaggebend sind die sogenannten HLA-Merkmale, eine Gruppe menschlicher Gene, die für die Funktion des Immunsystems zentral sind. Die Blutgruppe spielt beim ganzen Prozedere überhaupt keine Rolle, im Gegenteil: Diese kann nach einer Transplantation sogar wechseln. Und falls ihr noch mehr dazu wissen wollt: Voilà Wikipedia! Ich habe zehn Stunden geschlafen, wache auf und bin immer noch müde. Mein Körper liegt schwer auf der Matratze und will sich nicht bewegen. Trotzdem - ich will aufstehen, ich will raus, ich habe Pläne. Der Kampf gegen die Chemomüdigkeit beginnt oder wenn Kaffee plötzlich nicht mehr wirkt. Aber wir reden ja auch nicht von ein bisschen Montagsmüdigkeit nach einem durchfeierten Wochenende. Das ist Kindergeburtstag, Chemomüdigkeit ist die Königsdisziplin der Defatigation.
Eigentlich habe ich das grosse Glück, dass ich die Chemoblöcke gut vertrage. Das Klischee der kotzenden Krebskranken erfülle ich leider nicht. Auch sonst bin ich nicht so der Typ "krankes Opfer im Spitalbett". Deshalb ist auch diese beschriebene Müdigkeit einige Tage nach einem Chemoblock, so extrem schwer für mich. Und jetzt? Einfach Kopf zurück auf's Kissen und weiterschlafen? Geht leider nicht! Der Körper will zwar wieder in's Traumland, der Geist aber ist nach zehn Stunden Schlaf wach und will aktiv werden. Und aktiv werden, ist eben auch die Lösung des Problems. Gegen die Chemomüdigkeit hilft Bewegung. Ein bisschen frische Luft. Ein paar Übungen auf der Yogamatte. Oder ein bisschen Arbeit. Aber eben, es ist ein Kampf. Ein Kampf gegen sich selber. Kaum betrete ich die Station, habe ich wieder diesen Geruch in der Nase. Und der lässt automatisch Gefühle und Bilder entstehen. Keine schönen Gefühle, keine tollen Bilder. Ich bin zurück auf der Onkologie. Es fühlt sich an wie ein Rückschlag. Wie Sisyphus, der mal wieder unten am Berg steht mit seinem Stein.
Gestern musste ich zum ersten von zwei oder drei weiteren, stationären Chemoblöcken antreten. Ein Entscheid, der mir ehrlich gesagt nicht leicht gefallen ist. Auch weil im Nervenwasser alle Leukämiezellen mit den Chemospritzen in den Rücken zerstört wurden. Soll ich mir das giftige Zeug wirklich nochmals antun? Vielleicht entstehen ja bis zur Transplantation keine neuen Zellen mehr? Wer weiss, dann mache ich meinen Körper unnötig wieder schwach. Oder ist das Risiko trotzdem zu gross? Aber nun sitze ich hier, eine gelbe, hochdosierte Flüssigkeit läuft in mich rein und ja, das Risiko ist zu gross. Denn erstens, weiss ich noch nicht, ob und wann die Stammzellentransplantation durchgeführt wird. Zweitens, auch wenn im Labor nichts mehr gefunden wurde, Leukämiezellen sind Meister im Verstecken. Und deshalb muss ich das ganze Prozedere wieder über mich ergehen lassen. Auch wenn es schwerfällt. Um die Spitalzeit ein bisschen angenehmer zu machen, habe ich mir ein paar neue, tolle, teure Dinge gegönnt. Ein Tablet zum Netflixen, eine feine Bodylotion gegen den Spitalgeruch, bequeme Gammelkleider und eine große Kuscheldecke zum Wohlfühlen. Dazu kommt noch netter Besuch von meinen Liebsten und irgendwie habe ich mich sogar auf die altbekannten Gesichter auf der Station gefreut. Die meisten Pflegefachpersonen machen ihren Job hier nämlich richtig gut! Also alles in allem: Chemo und Leben läuft bei mir! Oder so... Wie geht's dir denn? Mitleidiger Blick on. Und ich so: Gut, danke und dir? Ja aber - nichts aber. Mir geht's gut! Klar, bin ich nach dieser Zweitdiagnose in ein Loch gefallen. Aber ich habe auch echt Übung im Rausklettern. Mein Leben geht weiter. Anders, aber es geht weiter und mir geht es gut. Ich nehme jeden Tag so wie er kommt, entscheide Schritt für Schritt wie es weitergeht und ich geniesse jede Stunde, die es halt zu geniessen gibt. Sei es mit Freunden, bei der Arbeit oder einfach zu Hause in der Badewanne. Ich habe in den letzten Monaten auch gelernt loszulassen und ich habe keine Erwartungen mehr an das Leben. Es kommt so wie es kommen muss. Und wenn man loslässt, entstehen die schönsten Momente und Träume erfüllen sich manchmal wie von selbst. Trotzdem musste ich mich heute mit meiner Zukunft auseinandersetzen. Ich hatte am Unispital Zürich das erste Transplantationsgespräch. Da wurde mir das ganze Prozedere nochmals erklärt, ich konnte viele Fragen stellen und ich habe mich sehr, sehr aufgehoben gefühlt. Ein ganz wichtiger Punkt war dabei, dass der Arzt mir während des ganzen Gesprächs das Gefühl gegeben hat: Du bist der Chef! Es ist deine Entscheidung. Wir empfehlen dir die Transplantation, aber am Ende bis du die Ja- oder Neinsagerin. Genau diese Autonomie, diese Kontrolle über mein Leben brauche ich. Ebenfalls wurde mir nochmals Blut abgenommen. Dieses wurde direkt nach Genf geschickt. Dort wird geschaut, wie wahrscheinlich ich einen passenden Spender finden könnte. Von dem hängt auch ab, wie einfach und erfolgreich die Transplantation schlussendlich ist. Ich habe heute viele Informationen bekommen, einen ganzen Ordner um ich einzulesen, aber ich habe genügen Zeit für alles. Zum Nachdenken. Zum Entscheiden. Denn ein Spaziergang wird es sicher nicht. Aber eine Stammzellentransplantation ist der Weg zur vollständigen Heilung. Für immer. |
AutorRosie. 30 Jahre. Mitten im Leben. Diagnose: Leukämie. Archives
January 2020
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